Der Begriff 3D-MID (3D moulded interconnect devices) steht für spritzgegossene, dreidimensionale Schaltungsträger. Seit vielen Jahren werden diese in verschiedensten Anwendungsfeldern von Automotive, Maschinenbau und Medizintechnik bis hin zur Consumer-Elektronik erfolgreich eingesetzt.
Flexible und starr-flexiblen Leiterplatten werden in 2D hergestellt und bestückt und dann letztlich erst in der finalen Applikation räumlich eingepasst. Im Gegensatz dazu werden MID-Teile bereits in 3D gefertigt und bestückt. Dadurch ist eine enge Funktionsintegration von mechanisch-konstruktiver und elektrischer Funktionalität möglich.
Diese Zusammenführung der Funktionalitäten erschließt völlig neuartige Möglichkeiten in der Systementwicklung. Damit ergänzt sich das Portfolio der alternativen 3D- bzw. 2,5D-Techno-logien wie flexible und verformbare Leiterplatten um Möglichkeiten, die im Gesamtsystem nur durch MID technologisch sinnvoll und kosten-günstig realisierbar sind. Hier bietet 3D-MID die intelligente und elegante Lösung der Systementwicklung.
CONTAG bietet von der Beratung beim Design und der Auswahl eines geeigneten Materials über das Rapid-Prototyping bis hin zur Serienfertigung und Bestückung einen umfassenden Service für 3D-MID-Projekte an.
Prototypen und Funktionsmodelle
Mit dem Rapid-Prototyping können innerhalb kurzer Zeit und für ein überschaubares Budget 3D-MIDPrototypen und Funktionsmodelle hergestellt werden. Die Validierung des Designs und der Funktionalität gibt vor der Investition in die Serienproduktion die Sicherheit für den Erfolg eines Projekts. Hierbei setzt CONTAG auf den 3D-Druck in Kombination mit der Laserdirektstrukturierung (LDS). Bei niedrigen Stückzahlen kommt das Rapid-Prototyping auch für Endanwendungen infrage.
CONTAG bietet dabei als ein mögliches Verfahren den Stereolithographie-3D-Druck (SLA) bis zu einer Größe von 145mm x 145mm x 175mm an. Im Vergleich zu anderen 3D-Druckverfahren zeichnet sich das SLA-Verfahren durch eine hervorragende Oberflächenbeschaffenheit und Detailtreue aus.
Das Funktionsprinzip basiert auf dem schichtweisen Aushärten eines flüssigen Harzes mithilfe eines UV-Lasers. Dabei beträgt die minimale Schichtdicke 0,025mm. So entstehen aus CAD-Daten qualitativ hochwertige Grundkörper für 3D-MID-Prototypen.
Mit dem HighTemp-Material steht dabei eine Variante zur Verfügung, welche den thermischen Anforderungen von Reflow-Lötverfahren und auch zahlreicher Endanwendungen gerecht wird. Darüber hinaus spricht die chemische Stabilität der SLA-Materialien für sich. Sie sind chemisch beständig gegenüber Laugen, Säuren, (Mineral-)Ölen, Fetten, Kohlenwasserstoffen, Salzwasser, und Wasserstoffperoxid.
Standard-Material
73,1°C
Hoch-Temperatur-Material
289°C
Standard-Material
65 MPa
Hoch-Temperatur-Material
51,1 MPa
Standard-Material
6,2%
Hoch-Temperatur-Material
2%
Kennwerte der Stereolithographie-Materialien
Nach dem 3D-Druck wird die Oberfläche des Grundkörpers mit dem Speziallack ProtoPaint beschichtet, welcher speziell für die Laser-Strukturierung (LDS-Verfahren) entwickelt wurde (siehe unten).
Durch strukturierte Laserbestrahlung wird der Lack entsprechend des Layouts aktiviert und anschließend metallisiert. Layoutstrukturen bis zu 200μm line/space können auf diese Weise realisiert werden.
Der glänzend schwarze Lack zeichnet sich durch hohe Haftfestigkeit sowie Thermostabilität aus und verleiht Ihrem Produkt darüber hinaus auch einen edlen Charakter.
Für die Serienfertigung von 3D-MID gibt es verschiedene etablierte Verfahren, die CONTAG beide beherrscht und anbietet.
2-Komponenten-Spritzguss
Dieses Herstellungsverfahren bietet sich insbesondere bei relativ einfachen Schaltungen an. Hierbei werden in sequentiellen Spritzguss-Schritten zwei verschiedene Kunststoffe in einem Formteil so kombiniert, dass die Struktur des elektrischen Layouts bereits abgebildet ist.
Dabei zeichnet sich jener Kunststoff, der die Layoutstruktur abbildet, dadurch aus, dass er sich durch chemische Verfahren metallisieren lässt. Das Bauteil wird somit strukturiert metallisiert, wobei die Struktur durch das Design der 2k-Werkzeuge festgelegt ist.
Vor allem bei sehr hohen Stückzahlen kann der 2k-Spritzguss die Methode der Wahl sein. Nachteilig sind neben den hohen Initialkosten und langen Entwicklungs- und Fertigungszeiten vor allem die fehlende Flexibilität und das begrenzte Auflösungsvermögen beim elektrischen Layout.
1k-Spritzguss und LDS-Verfahren
In Bezug auf Initialkosten, Strukturauflösung und Flexibilität ist der 1k-Spritzguss + LDS-Verfahren für viele 3D-MID-Projekte geeigneter. Deshalb erfreut sich dieser Prozess bei CONTAG immer größerer Beliebtheit.
Die größtmögliche Strukturauflösung von bis zu 100μm line/space kann auf Formteilen erzielt werden, die mithilfe des 1k-Spritzguss-Verfahrens unter Verwendung eines Edelstahl-Werkzeuges gefertigt sind. Edelstahl-Werkzeuge sind auch hinsichtlich der Formstabilität und Dimensionsgenauigkeit von ca. ±0,05mm alternativen Werkzeugmaterialien überlegen.
1k-Spritzguss auf Basis gefräster Aluminium-Werkzeuge
Allerdings stellen die Herstellungskosten und monatelangen Lieferzeiten für das Werkzeug hohe Hürden dar. Aus diesem Grund bietet CONTAG auch ein alternatives 1k-Spritzguss-Verfahren auf Basis gefräster Aluminium-Werkzeuge an, mit denen auch bei hohen Stückzahlen eine Dimensionsgenauigkeit von ca. ± 0,08 mm gewährleistet werden kann.
Die erzielbare Strukturauflösung von 200μm line/space ist für die Mehrzahl der MID-Anwendungen vollkommen ausreichend. Mit dem Aluminium-Werkstoff werden bei geringen Einbußen in der Produktqualität Kosten und Lieferzeiten für das Spritzguss-Werkzeug signifikant reduziert.
Außerdem kann auch in dieser Variante auf die gesamte Bandbreite an LDS-fähigen Thermoplasten zurückgegriffen werden, von einfachen ABS-Substraten bis hin zu LCP oder PEEK Hochleistungskunststoffen.
Prinzipiell sind auch Duroplaste für 3D-MID-Anwendungen geeignet. Im Gegensatz zur Leiterplattentechnologie spielen Duroplaste für 3D-MID bisher aber eine untergeordnete Rolle.
Die Thermoplaste, insbesondere die Hochleistungskunststoffe, werden den Anforderungen in den meisten Anwendungsfeldern gerecht. Darüber hinaus sind Thermoplaste aufgrund ihrer Thermoverformbarkeit einfacher zu verarbeiten als Duroplaste.
Weit verbreitete Vertreter von 3D-MID-Hochleistungs-Thermoplasten sind LCP-Materialien (liquid crystal polymer). Diese teilkristallinen Kunststoff-Compounds enthalten einen hohen Grad an Füllstoffen und zeichnen sich durch hervorragende thermische und elektrische Eigenschaften sowie sehr gute Chemikalienbeständigkeit aus.
Weitere allgemeine Eigenschaften:
Physikalische und elektrische Eigenschaften eines LCP-Materials von RTP
Eigenschaft
Dichte
Wert
1,76 g/cm3
Eigenschaft
Erweichungsbereich
Wert
277 °C
Eigenschaft
Bruchspannung
Wert
165 MPa
Eigenschaft
Thermische Ausdehnung
Wert
x:16 / y:32 ppm/K
Eigenschaft
Feuchteaufnahme
Wert
< 0,1 %
Eigenschaft
Wärmeleitfähigkeit (senkrecht || parallel)
Wert
0,76 W/m*K || 1,61 W/m*K
Eigenschaft
Dielektrizitätskonstante εr
Wert
3,8 (1 MHz)
Eigenschaft
Verlustfaktor tanδ
Wert
ca. 0,03 (1 MHz)
Eigenschaft
Durchschlagsfestigkeit
Wert
> 7,5 kV/100 μm
Die Laserdirektstrukturierung (LDS) kann in Additiv- und Subtraktiv-Verfahren unterteilt werden. Beim additiven LDS-Verfahren kommen Spritzguss-Rohmaterialien infrage, in die ein metallhaltiges Additiv beigemengt ist.
Alternativ kann ein solches Additiv mit dem Protopaint-Speziallack auf die Oberfläche eines beliebigen Grundkörpers appliziert werden (siehe oben). Die Metallkeime werden durch die strukturierte Belichtung mit einem Laser entlang des elektrischen Layouts für eine chemische Metallisierung aktiviert.
Außerdem wird die Kunststoffoberfläche an den belichteten Stellen angeraut. Hier kann nun chemisch 5-10μm Kupfer abgeschieden und anschließend z.B. mit dem bewährten ENIG-Prozess veredelt werden.
Für die meisten Anwendungen ist die chemisch abgeschiedene Cu-Dicke völlig ausreichend, bei entsprechender Planung des Layouts im Vorfeld besteht aber auch die Möglichkeit der galvanischen Nachverstärkung. Die erreichte Haftfestigkeit bzw. Abzugskraft der chemisch abgeschiedenen Kupferbahnen liegt je nach Material im Bereich von 1,4N/mm und damit höher als in der relevanten IPC-Leiterplattennorm gefordert (>1N/mm).
Prozesskette beim additiven LDS-Verfahren. Quelle: Forschungsvereinigung 3D-MID e.V.
Beim subtraktiven LDS-Verfahren geht man von einem vollflächig mit Kupfer beschichteten Formteil aus. Auf die Oberfläche dieses Formteils wird ein Ätzresist aufgetragen und mit dem Laser strukturiert. Anschließend wird die freigelegte Kupferfläche weggeätzt und der Resist wieder abgetragen.
CONTAG bietet sowohl das additive als auch das subtraktive LDS-Verfahren an. Je nach Design und gewünschter Kupferbelegung empfiehlt sich die eine oder andere Variante.
Fertigungstechnologie
3D-Druck (SLA) + ProtoPaint + LDS (additiv)
Materialien
UV-aushärtende Harze
Min. Leiterbreite/- abstand (mind. Ø Bohrloch)
200μm/200μm
Fertigungstechnologie
1k-Spritzguss + LDS (additiv und subtraktiv)
Materialien
ABS, PA, PBT, PC, LCP, PEEK, u.v.m.
Min. Leiterbreite/- abstand (mind. Ø Bohrloch)
100μm/100μm
Fertigungstechnologie
2k-Spritzguss
Materialien
LCP/LCP, LCP/SPS, PBT/ PBT, u.v.m.
Min. Leiterbreite/- abstand (mind. Ø Bohrloch)
200μm/200μm (400μm)
Das elektrische Layout ist standardmäßig einlagig, aber auch doppelseitige und durchkontaktierte Schaltungen können realisiert werden. Dabei stellen sowohl das LDS-Verfahren als auch der 1kbeziehungsweise 2k-Spritzgussprozess sowie nachgelagerte Metallisierungs- und Bestückungsprozesse bestimmte Anforderungen an das Design des Grundkörpers sowie die Layoutgestaltung.
Diese Anforderungen sollten schon in der frühen Entwicklungsphase Ihres Projektes berücksichtigt werden. Beim LDS-Verfahren ist es beispielsweise notwendig, dass der Laserspot möglichst senkrecht in alle Bereiche entlang des elektrischen Layouts auf den Grundkörper auftreffen kann.
Wenn der Grundkörper aus einem LDS-fähigen Thermoplast gefertigt wird, sollten scharfe Kanten mit einem großen Radius abgerundet sein, um durch Werkzeug-Rückstände verursachte Fremdabscheidungen zu vermeiden. Anderenfalls könnte ein zusätzlicher Vortauchprozess notwendig sein, wodurch die Oberfläche des Grundkörpers angeraut und die realisierbare Strukturauflösung auf 200μm line/space herabgesetzt wird.
Etwaigen Komplikationen durch thermische Beanspruchung und Lotabfluss sollte schon bei der Layoutgestaltung entgegen gewirkt werden. Zur Stressreduktion bei Temperatur-belastung ist es vorteilhaft, scharfkantige Richtungswechsel der Leiterbahnen zu vermeiden und die Ecken von Pads abzurunden.
Auf die Verwendung eines Lötstopplackes kann oftmals verzichtet werden. Allerdings sind die Übergänge von Pad und Leiterbahn gleitend zu gestalten, so dass durch den Kapillareffekt ein Abfließen der Lotpaste verhindert wird.
Auch das Ausdehnungsverhalten und die maximale Größe der Bauteile sollte mit dem CTE-Wert des verwendeten Thermoplasten abgeglichen werden, um einen allzu großen Versatz zu den Lötkontakten auszuschließen.
Die hier beschriebenen Empfehlungen sind nur eine Auswahl der wichtigsten Design-Regeln bei der Fertigung von 3D-MID.
Die automatisierte Bestückung von 3D-MID ist Stand der Technik. Um eine präzise Positionierung sämtlicher Padflächen zu den Bearbeitungsköpfen entsprechender SMD-Produktionsanlagen zu gewährleisten, wird das Formteil auf einem mehrachsigen Träger fixiert und analog zur herkömmlichen SMD-Bestückung von oben bearbeitet.
Die Bearbeitungsköpfe haben zusätzlich einen Verfahrbereich von 530mm x 350mm in x- und y-Richtung, sowie 150mm in z-Richtung. Wenn die Randbedingungen des Verfahrbereiches und der Zugänglichkeit der Padflächen von oben beim Design des Formteils berücksichtigt sind, liegen bei einem geringen technischen Mehraufwand ausreichend Freiheitsgrade für die Bestückung auf schrägen beziehungsweise gekrümmten Flächen vor. Komplizierte Sonderanlagen sind nicht notwendig.
Falls die Verwendung von Lötstopplack notwendig ist, gibt es hierfür zwei Möglichkeiten. Einerseits kann vor dem Auftrag von Lotpaste selektiv an empfindlichen Stellen Lötstopp durch einen separaten Bearbeitungskopf des Bestückungsautomaten aufgetragen werden. Alternativ wird der gesamte Grundkörper mit Lötstopplack beschichtet. In einem anschließenden Laserprozess werden die zu lötenden Padflächen wieder freigelegt.
Zum Löten der vormontierten Bauteile können bei Grundkörpern aus Hochtemperatur-Thermoplasten gängige Reflow-Lötverfahren genutzt werden. Bei thermisch sensitiven Substraten kommen das selektive Laser-Löten oder andere Lötverfahren mit niedrigschmelzendem Lot infrage.
Für weitergehende technologische Fragen rund um das Thema „3D-MID“ wenden Sie sich bitte an unser CONTAG-Team